Lisa Thalmeir: Das Günstigkeitsprinzip im Abstammungsrecht zwischen tatsächlichen Wahrscheinlichkeiten und (scheinbaren) Sicherheiten


Die innerhalb der letzten Monate ergangenen Beschlüsse des OLG Nürnberg (11 W 277/15), KG Berlin (1 W 675/15) und OLG Karlsruhe (20 UF 133/15) befassen sich allesamt mit Art. 19 I EGBGB, der das auf die Abstammung anwendbare Recht bestimmt. Die Beschlüsse zeigen, dass es nach wie vor Unsicherheiten bei der Anwendung der Norm gibt.

Ziel dieses Beitrags ist es, die Schwächen von Art. 19 I EGBGB herauszuarbeiten und in den Kontext der Beschlüsse einzuordnen. Anhand der Entscheidungen soll aufgezeigt werden, wie die Praxis mit der Norm verfährt. Abschließend ist zu klären, ob Art. 19 I EGBGB einer Präzisierung oder Neuregelung bedarf.

A. Sachverhalte der Entscheidungen

I. OLG Nürnberg, Az. 11 W 277/15

In seinem Beschluss vom 14.09.2015 hatte das OLG Nürnberg darüber zu entscheiden, ob das Geburtenregister dahingehend zu berichtigen ist, dass nicht mehr der frühere Ehemann der Mutter, sondern ihr neuer Lebensgefährte als (vorgeblich biologischer) Vater des Kindes eingetragen ist. Die Mutter, der frühere Ehemann und der neue Partner waren alle griechische Staatsangehörige. Das Kind, dessen Abstammung im Register berichtigt werden sollte, wurde im Mai 2014 in Nürnberg geboren. Die Mutter hielt sich zu dieser Zeit „schon lange“ in Nürnberg auf und blieb auch danach dort wohnen.

Die Ehe der Mutter und ihres früheren Ehemanns wurde durch Endbeschluss des AG Nürnberg vom 12.06.2013, rechtskräftig seit 03.09.2013, geschieden. Der neue Partner erkannte die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter am 23.06.2014 zu Protokoll des Jugendamts der Stadt Nürnberg an.

II. KG Berlin, Az. 1 W 675/15

In dem Fall, der im Januar 2016 vor das KG Berlin kam, ging es ebenfalls darum, dass die Mutter und der vorgeblich biologische Vater die Beurkundung der Geburt des Kindes mit dem Inhalt beantragten, dass dieser und nicht der frühere Ehemann der Mutter als Vater eingetragen würde. Während die Mutter und der vorgeblich biologische Vater deutsche Staatsangehörige waren, besaß der frühere Ehemann die polnische Staatsangehörigkeit.

Die Ehe wurde 2014 durch Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg geschieden und rechtskräftig. Später im selben Jahr brachte die Mutter das Kind zur Welt. Der neue Partner erkannte die Vaterschaft mit Zustimmung der Mutter am 11.07.2014 an.

III. OLG Karlsruhe, Az. 20 UF 133/15

Vor dem OLG Karlsruhe wollte der dortige Antragsteller schließlich festgestellt wissen, dass er für das Kind seiner früheren Ehefrau keinen Unterhalt zahlen müsse. Die Mutter und der Antragsteller waren beide türkische Staatsangehörige. Mit Beschluss des AG Bruchsal wurde die Ehe rechtskräftig am 19.04.2011 geschieden. Das Kind kam später im selben Jahr zur Welt und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Der Antragsteller wurde vom Standesamt als Kindesvater in der Geburtsurkunde eingetragen. Im Verfahren war unstreitig, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater des Kindes ist.

B. Regelungsschwächen des Art. 19 I EGBGB

I. Dogmatik der Anknüpfung

Art. 19 I EGBGB sieht insgesamt drei mögliche Anknüpfungen vor. Satz 1 verweist auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes, um dessen Abstammung es geht. Satz 2 bringt das Heimatrecht des Elternteils zur Anwendung, von dem das Kind mutmaßlich abstammt. Nach Satz 3 ist schließlich das Recht anwendbar, dem die allgemeinen Wirkungen der Ehe der Mutter gem. Art. 14 I EGBGB unterliegen. Voraussetzung ist in diesem Fall freilich, dass die Mutter im Zeitpunkt der Geburt verheiratet war.

Aus diesen unterschiedlichen Anknüpfungen resultiert die erste Regelungsschwäche des Art. 19 I EGBGB. Unklar ist nämlich, welche der Rechtsordnungen in dem Fall zur Anwendung kommt, in dem die Anknüpfungsmöglichkeiten zu verschiedenen Ergebnissen führen. Denkbar ist z.B., dass die verschiedenen Rechtsordnungen zu unterschiedlichen Bezugspersonen führen oder eine der berufenen Rechtsordnung schneller zur Feststellung einer Abstammung gelangt als die anderen.

Einerseits könnte man die Aufzählung des Art. 19 I EGBGB als subsidiäre Anknüpfung verstehen und nur dann den jeweils nächsten Satz anwenden, wenn die vorhergehende Anknüpfung nicht zur Feststellung der Abstammung führt. Andererseits könnte man auch erwägen, einer der beteiligten Personen (z.B. Mutter oder Kind) ein Wahlrecht zuzusprechen. Schließlich können die Anknüpfungen auch alternativ nebeneinander stehen.

Der Wortlaut des Art. 19 I EGBGB gibt nicht eindeutig Aufschluss über das Verhältnis der einzelnen Anknüpfungen. Aus der Phrase „kann die Abstammung ferner nach dem Recht bestimmt werden“, Art. 19 I 3 EGBGB, könnte man eine gewisse Subsidiarität ableiten. Dafür spricht auch, dass im IPR insgesamt immer häufiger an den gewöhnlichen Aufenthalt angeknüpft wird. Die Formulierung in Art. 19 I 2 EGBGB („kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden“) streitet indes eher für eine gleichberechtigte Anknüpfung. In diese Richtung deutet auch die historische Auslegung: Art. 19 I 3 EGBGB ist nämlich identisch mit Art. 20 I 3 EGBGB a.F., für welchen allgemein die Gleichwertigkeit der Anknüpfungspunkte anerkannt war.

Für ein Wahlrecht gibt es im Wortlaut des Art. 19 I EGBGB keinerlei Anhaltspunkte. Zudem erscheint es riskant, eine zumindest potentiell so bedeutsame Entscheidung zur freien Disposition eines Beteiligten zu stellen. Selbst wenn die Wahl vom Berechtigten mit den besten Absichten getroffen wird, kann doch nicht ganz ausgeschlossen werden, dass persönliche Motive zumindest unterbewusst bei der Entscheidung eine Rolle spielen. Darüber hinaus schwächt das Wahlrecht die Rechtssicherheit. Dementsprechend sind die Anknüpfungsmöglichkeiten in der aktuellen Fassung von Art. 19 I EGBGB wohl alternativ zu verstehen.

II. Das Günstigkeitsprinzip

Die grundsätzliche Gleichwertigkeit der Anknüpfungspunkte führt zu dem Folgeproblem, dass nun im Einzelfall entschieden werden muss, welches Recht zur Anwendung kommen soll. Rechtsprechung und herrschende Lehre treffen diese Entscheidung nach dem Günstigkeitsprinzip (favor filii oder filiationis), das sich am Kindeswohl orientiert. Hier zeigt sich eine weitere Schwäche der Konzeption des Art. 19 I EGBGB, nämlich dass es äußert schwierig sein dürfte, abstrakt und generell festzustellen, was im konkreten Fall dem Kindeswohl am besten entspricht.

In diesem Punkt werden im Wesentlichen zwei Hauptpositionen vertreten. Nach einer Ansicht ist dem Kindeswohl am besten damit gedient, dem Kind den „wahrscheinlicheren“ Vater zuzuweisen. Dafür spricht, dass es auf diesem Weg am ehesten zur Feststellung der wahren Abstammung kommt. Dagegen spricht jedoch, dass es im Einzelfall schwierig sein kann, festzustellen, wer der „wahrscheinlichere“, geschweige denn der wahre biologische Vater ist. Insbesondere hat das BVerfG in diesem Kontext kürzlich entschieden (Az. 1 BvR 3309/13, siehe eingehend hier in diesem Blog), dass das Grundgesetz keinen Klärungsanspruch des Kindes gegen seinen potentiell biologischen, nicht rechtlichen Vater auf Einwilligung in eine genetische Abstammungsuntersuchung fordert. Ferner lädt man das Kollisionsrecht materiell-rechtlich auf, wenn man sich schon bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts fragt, wer der wahrscheinlichere Vater ist. Sinn und Zweck des Kollisionsrechts ist es, aus mehreren kollidierenden Rechtsordnungen die im konkreten Fall anwendbare zu bestimmen. Wertungsfragen sind hingegen grundsätzlich eine Materie des Sachrechts.

Die Gegenansicht spricht sich aus diesen Gründen dafür aus, auf den „sichereren“ Vater abzustellen. Dies ist regelmäßig derjenige, der nach den berufenen Rechtsordnungen zuerst Vater geworden ist (Prioritätsprinzip). Voraussetzung für die Anwendung des Prioritätsprinzips ist daher, dass die infrage kommenden Rechtsordnungen dem Kind zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen Vater zuweisen. Werden nach den in Frage kommenden Rechtsordnungen unterschiedliche Männer gleichzeitig als rechtlicher Vater bestimmt, muss auch nach dieser Ansicht auf das Kriterium der Wahrscheinlichkeit zurückgegriffen werden. Für das Prioritätsprinzip spricht, dass die Abstammung danach vergleichsweise leicht zu bestimmen ist. Zudem ist das Kind bei dieser Vorgehensweise möglichst kurz vaterlos. Die Klärung der Abstammung sichert dem Kind unterhalts- und erbrechtliche Ansprüche gegen den rechtlichen Vater.

Gegen diese Ansicht kann man wiederum einwenden, dass es jedenfalls nicht logisch zwingend ist, dass die möglichst schnelle und sichere Zuweisung eines Vaters dem Kindeswohl stets am besten entspricht. Richtig ist, dass dem Kind dadurch zumindest „auf dem Papier“ unterhalts- und erbrechtliche Ansprüche zustehen. Diese Ansprüche können jedoch faktisch aus verschiedenen Gründen wertlos sein (Insolvenz, Unauffindbarkeit des rechtlichen Vaters etc.). Zudem kann die rechtliche Vaterschaft später auch dazu führen, dass umgekehrt Ansprüche des Vaters gegen das Kind entstehen, vgl. §§ 1601 ff. BGB, sodass die Vaterschaft jedenfalls auf Dauer gesehen nicht zwangsläufig eine ausschließliche finanzielle Besserstellung bedeutet.

Dazu kommt, dass die Kenntnis der eigenen Abstammung für die individuelle Persönlichkeitsentwicklung eine herausragende Rolle spielen kann. Auch dies spricht gegen die pauschale Annahme, dass es immer am besten ist, möglichst schnell (irgend-)einen Vater zu haben. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 19.04.2016 (siehe schon oben) insoweit anerkannt, dass die Aufklärbarkeit der eigenen Abstammung vom vermeintlich leiblichen Vater das allgemeine Persönlichkeitsrecht, Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG, berührt. Der möglichst weitgehenden Verwirklichung dieses Rechts wird das „Windhundprinzip“ nicht unbedingt gerecht.

III. Relevanter Zeitpunkt

Schließlich ist fraglich, auf welchen Zeitpunkt für die Anwendung des Günstigkeitsprinzips abzustellen ist. Art. 19 I EGBGB enthält diesbezüglich keine Anhaltspunkte. Möglich erscheint sowohl der Zeitpunkt der Geburt als auch die Eintragung in das Geburtenregister oder ein bestimmter Zeitpunkt nach der Geburt. Im Hinblick auf letzteren Zeitpunkt kann beispielsweise der Rechtsgedanke des § 1599 II 1 BGB herangezogen werden. Er betrifft die Konstellation, dass das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt. Entgegen § 1592 Nr. 1 BGB wird dann nicht der Mann zum Vater bestimmt, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet war, sondern der anerkennende Dritte. Vor diesem Hintergrund könnte man auch argumentieren, die Günstigkeitsbetrachtung auf ein Jahr nach der Geburt festzusetzen oder z.B. auf die gerichtliche Klärung der Abstammung abzustellen.

Gegen die Heranziehung des Rechtsgedankens des § 1599 II 1 BGB spricht, dass die Norm das früher erforderliche Anfechtungsverfahren gewissermaßen ersetzt hat, in dem sie es den Beteiligten ermöglicht, einen Wechsel der Abstammungszuordnung vorzunehmen, ohne ein kostspieliges und formalisiertes Anfechtungsverfahren durchlaufen zu müssen. Sie führt aber zu ähnlichen Wirkungen wie eine Vaterschaftsanfechtung und ist daher in der Sache funktionell eher als der Abstammungsanfechtung (Art. 20 EGBGB) zugehörig zu qualifizieren.

Für ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Geburt spricht, dass dieser relativ schwer manipulierbar ist und in den meisten Fällen durch die Registrierung im Krankenhaus auch eindeutig feststehen wird. Dies führt zu einer größtmöglichen Rechtssicherheit. Zudem wird die Vaterschaft so zum frühestmöglichen Termin bestimmt, was das Kind im Zweifel möglichst kurz vaterlos belässt.

Zunächst scheint auch die Eintragung der Geburt des Kindes in das Geburtenregister ein relativ rechtssicherer Zeitpunkt zu sein. Gem. § 18 I PStG muss die Geburt eines Kindes dem Standesamt, in dessen Zuständigkeitsbereich es geboren ist, nämlich binnen einer Woche angezeigt werden. Die Verletzung dieser Pflicht kann nach § 70 I Nr. 1, II PStG als Ordnungswidrigkeit sogar mit einer Geldbuße geahndet werden. Indes führt das Verstreichenlassen der Frist nicht etwa zu einer automatischen Eintragung. Auf diese Weise kann sich die Eintragung auch stark verzögern. Insoweit bleibt sie an Rechtssicherheit hinter dem Abstellen auf den Zeitpunkt auf die Geburt selbst zurück.

Dagegen, die Geburt als maßgeblichen Zeitpunkt heranzuziehen, spricht, dass dem biologischen Vater beim Abstellen unmittelbar auf die Geburt aus verschiedenen Gründen (fehlende Kenntnis von der Geburt, ungenügende rechtliche Information etc.) wenig bis gar keine Zeit verbleiben mag, z.B. eine Anerkennungserklärung abzugeben, bevor dem Kind über Art. 19 I EGBGB ein anderer Vater zugewiesen wird. Die Anfechtung im Nachhinein in der durch Art. 20 EGBGB bestimmten Rechtsordnung kann sich als sehr aufwändig oder sogar unmöglich erweisen (allerdings käme hier möglicherweise eine Korrektur über den ordre public in Frage, Art. 6 EGBGB). Ferner gibt es anonyme Geburten, bei denen sich die Eintragung der Eltern hinziehen kann, z.B. wenn diese sich erst später entscheiden, doch für das Kind sorgen zu wollen. Dies spricht dafür, nicht unmittelbar auf die Geburt, sondern erst auf einen etwas späteren Zeitpunkt abzustellen

Für das Abstellen auf den Zeitpunkt, in dem die Frage der Abstammung virulent wird und gerichtlicher Klärung bedarf spricht schließlich, dass um dem Kindeswohl bestmöglich zu entsprechen, alle zu diesem Zeitpunkt bekannten Umstände berücksichtigt werden müssen und nicht statisch auf einen Zeitpunkt in der Vergangenheit (wie z.B. die Geburt) abgestellt werden sollte. Richtig ist jedoch, dass dies zu Lasten der Rechtssicherheit geht. Unter Umständen könnte damit der bis dato (vermeintlich) rechtliche Vater seine Vaterschaft verlieren, ohne dass er dagegen etwas unternehmen kann.

IV. Verschränkung der Alternativen

Probleme ergeben sich auch bei der konkreten Funktionsweise der in Art. 19 I EGBGB vorgesehenen Alternativen. Bisweilen wird hier vertreten, dass sie gerade nicht isoliert zu betrachten, sondern gegebenenfalls vorhandene Verschränkungen zu beachten seien. Exemplarisch darstellen lässt sich das Problem in der Konstellation, dass eine der berufenen ausländischen Rechtsordnungen dem Kind z.B. den früheren Ehemann der Mutter als Vater ab der Geburt zuweist, während ein anderer Mann zu einem späteren Zeitpunkt nach dem deutschen Recht eine Anerkennungserklärung abgegeben hat.

Betrachtet man die Alternativen isoliert voneinander, besteht nach beiden Rechtsordnungen letztlich eine Vaterschaft (wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten). Berücksichtigt man hingegen bei der Prüfung der Anerkennung die alternativ anwendbare ausländische Rechtsordnung, kann man mit dem deutschen Recht schon gar nicht mehr zum Bestehen einer Vaterschaft kommen, da gem. § 1594 II BGB die Anerkennung der Vaterschaft nicht wirksam ist, solange die Vaterschaft eines anderen Mannes besteht.

Für die letztgenannte Ansicht wird angeführt, dass es keinen Unterschied machen kann, ob sich die bestehende Vaterschaft aus dem deutschen Recht oder einer ausländischen Rechtsordnung ergibt. Dieser Auffassung steht aber entgegen, dass sich der Gesetzgeber mit Art. 19 I EGBGB gerade für eine Alternativität der Anknüpfungen entschieden hat. Diese wird faktisch aufgehoben, wenn bei der Bestimmung der Abstammung in einer Rechtsordnung auf die anderen möglichen Rechtsordnungen zurückgegriffen wird. Letztlich würde dadurch innerhalb des Art. 19 I EGBGB erneut der Art. 19 I EGBGB zur Beantwortung der Frage herangezogen, ob nach einer anderen Rechtsordnung eine Vaterschaft bereits früher bestand. Dabei müsste man sich streng genommen wieder fragen, nach welcher der möglichen Rechtsordnung sich dies beurteilt, was zu einer Ineinanderknüpfung von Art. 19 I EGBGB führte.

Zudem würde diese Vorgehensweise zu einer Verminderung der Rechtsordnungen führen, aus denen sich eine Abstammung ergibt. Dabei ist es gerade erklärtes Ziel des Art. 19 I EGBGB dem Kind möglichst zur Feststellung der Abstammung zu verhelfen. Letztlich käme man durch diese verschränkte Betrachtung zum Ergebnis des Prioritätsprinzips noch bevor die einzelnen Alternativen einem Vergleich zugeführt wurden. Dies entspricht nicht dem Regelungsgehalt des Art. 19 I EGBGB.

V. Erforderliche Qualität der Wahrscheinlichkeit

Versteht man das Günstigkeitsprinzip dahingehend, dass es dem Wohl des Kindes am besten entspricht, ihm seinen biologisch wahrscheinlicheren Vater zuzuordnen (oder kann das Prioritätsprinzip nicht durchgreifen, weil die Rechtsordnungen dem Kind gleichzeitig verschiedene Väter zuordnen), muss man sich auch die Frage stellen, von welchen Kriterien und Indizien auf die biologische Vaterschaft geschlossen werden soll. Reicht bereits eine mehr oder weniger verfestigte Anerkennungsbereitschaft aus oder bedarf es umgekehrt eines bereits erfolgten, wirksamen Anerkenntnisses oder darüber hinaus sogar eines bestätigenden Vaterschaftstests?

Und wer ist der wahrscheinlichere Vater in der Konstellation, dass eine Rechtsordnung den früheren Ehemann, eine andere den Anerkennenden zum Vater bestimmt? Zu dieser Fragestellung wird vorgeschlagen, die Wertungen des § 1592 BGB heranzuziehen und folglich dem Ehemann grundsätzlich den Vorrang vor dem Anerkennenden einzuräumen. Anders z.B. das OLG Karlsruhe in einer bereits auf diesem Blog besprochenen Entscheidung vom 02.02.2015 (Az. 11 Wx 65/14), welches umgekehrt einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung den Vorrang vor einer nach ausländischem Recht bestehenden Vaterschaft des geschiedenen Ehemanns einräumt. Auch insofern trifft Art. 19 I EGBGB keine Aussage.

VI. Renvoi, Art. 4 I 1 EGBGB a.E.

Einzig relativ unbestritten im Zusammenhang mit Art. 19 EGBGB ist die Behandlung des renvoi. Gem. Art. 4 I 1 EGBGB ist, wird auf das Recht eines anderen Staates verwiesen, auch dessen Internationales Privatrecht anzuwenden, sofern dies nicht dem Sinn der Verweisung widerspricht. Der Rück- bzw. Weiterverweis widerspricht dem ersten Verweis in der Regel dann, wenn die Ausgangsnorm so ausgestaltet ist, dass sie möglichst viele Anknüpfungspunkte bereithält. Ziel einer solchen Regelungssystematik ist es, für eine bestimmte Rechtsfrage möglichst viele Rechtsordnungen potentiell zur Anwendung zu bringen, um in jedem Fall zu einer Antwort zu gelangen. Wäre jedoch zunächst nach dem ausländischen IPR wiederum das anwendbare Recht zu ermitteln, so führte dies häufig zu einer Verringerung der potentiell anwendbaren Rechte. Dies widerspricht der Zielsetzung einer Kollisionsnorm, die schon mehrere Anknüpfungspunkte vorsieht. In diesem Fall ist die Verweis der inländischen Kollisionsnorm nicht als Gesamt-, sondern als Sachnormverweis zu verstehen, Art. 4 I 1 EGBGB a.E.

Bei Art. 19 I EGBGB handelt es sich um eine Norm, die mehrere Anknüpfungsmerkmale enthält. Ziel ist es, dem Kind möglichst einen Vater zuzuordnen. Insoweit sind sich auch die drei sogleich noch näher besprochenen Entscheidungen einig, dass die Annahme einer Weiterverweisung gem. Art. 4 I 1 EGBGB a.E. dem Sinn der Verweisung in Art. 19 I EGBGB widerspräche und es dementsprechend grundsätzlich nicht zu einem renvoi kommt. Ein anderes Ergebnis kommt nur in Betracht, wenn der renvoi ausnahmsweise zu einer noch größeren Auswahl an Rechtsordnungen führt.

C. Begründung der Entscheidungen

I. OLG Nürnberg, Az. 11 W 277/15

In seiner Entscheidung kam das OLG Nürnberg zu dem Schluss, dass das Geburtenregister nicht zu berichtigen ist. Das Gericht musste aufgrund der Berührungspunkte zu Griechenland und Deutschland zunächst gem. Art. 19 I EGBGB das anwendbare Recht bestimmen. Das Kind hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, sodass Art. 19 I 1 EGBGB auf deutsches Recht verwies. Nach § 1592 BGB wäre das Kind im Zeitpunkt der Geburt ohne rechtlichen Vater gewesen. Durch die formgerecht abgegebene Anerkennungserklärung, §§ 1594 ff. BGB, wäre der neue Lebensgefährte der Mutter gem. § 1592 Nr. 2 BGB mit Wirksamwerden der Anerkennung, § 1594 I BGB, rechtlicher Vater des Kindes geworden.

Das Heimatrecht des Vaters führte gem. Art. 19 I 2 EGBGB dagegen zum griechischen Recht. Das griechische Recht (Art. 1465 ff. griech. ZGB) sieht alle Kinder als ehelich an, die innerhalb von 300 Tagen nach der Scheidung geboren werden. Das Kind, dessen Abstammung festgestellt werden soll, wurde in diesem Zeitrahmen geboren. Das griechische Recht ordnete dem Kind damit schon zum Zeitpunkt der Geburt einen Vater, nämlich den früheren Ehemann der Mutter, zu. Art. 19 I 3 EGBGB kam mangels Ehe der Mutter im Zeitpunkt der Geburt nicht in Betracht.

Das Gericht stellt zunächst fest, dass die Anküpfungsalternativen des Art. 19 I EGBGB gleichrangig sind. Nach Abwägung der oben aufgezeigten Argumente entscheidet es sich insbesondere aufgrund der erb- und unterhaltsrechtlichen Gesichtspunkte für die Anwendung des Prioritätsprinzips. Als maßgeblichen Zeitpunkt stellt es unter Betonung der Rechtssicherheit auf die Geburt ab. Damit blieb der frühere Ehemann der Mutter rechtlicher Vater des Kindes.

II. KG Berlin, Az. 1 W 675/15

Auch die Beschwerde vor dem KG Berlin hatte in der Sache keinen Erfolg. Wiederum ermittelte das Gericht aufgrund des grenzüberschreitenden Zusammenhangs das nach Art. 19 I EGBGB anwendbare Recht. Das Kind hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, sodass Art. 19 I 1 EGBGB auf deutsches Recht verwies. Der frühere Ehemann der Mutter war polnischer Staatsangehöriger, sodass über Art. 19 I 2 EGBGB polnisches Recht zur Anwendung kam. Nach polnischem Sachrecht wird vermutet, dass ein Kind, das vor Ablauf von 300 Tagen seit Beendigung der Ehe geboren wird, vom (ehemaligen) Ehemann der Mutter abstammt.

Der vorgeblich biologische Vater hatte die Vaterschaft nach der Geburt nach deutschem Recht anerkannt. Die Anerkennung war nach Ansicht des KG Berlin aber gar nicht wirksam, da gem. § 1594 II BGB die sich aus polnischem Recht ergebende Vaterschaft des früheren Ehemanns entgegenstand. Das KG Berlin verschränkt hier die einzelnen Alternativen von Art. 19 I EGBGB (siehe dazu schon oben). Erwähnenswert ist, dass das KG durch diese Betrachtungsweise auch die öffentlich beurkundete Zustimmung des früheren Ehemanns zur Vaterschaft des Antragstellers schon deswegen nicht mehr im Rahmen der Günstigkeitserwägungen berücksichtigen konnte, weil es in jedem Fall zunächst einer Anfechtung der Abstammung nach Art. 20 EGBGB bedurfte.

Eine analoge Anwendung des § 1599 II BGB lehnt das Gericht schon mangels Anwendbarkeit der Norm ab. Es folgt der Ansicht, dass § 1599 II BGB funktionell als Vorschrift der Abstammungsanfechtung anzusehen sei, wobei Art. 20 S. 1 EGBGB im vorliegenden Fall schon gar nicht zur Anwendbarkeit des deutschen, sondern zu der des polnischen Rechts führte. Wie schon das OLG Nürnberg wendet es damit im Ergebnis das Prioritätsprinzip an und stellt dabei auf den Zeitpunkt der Geburt ab.

III.OLG Karlsruhe, Az. 20 UF 133/15

Das OLG Karlsruhe befand die Beschwerde des Antragstellers als nicht begründet. Im Rahmen der Frage, ob der Antragsteller seiner früheren Ehefrau verpflichtet ist, Kindesunterhalt für ihren Sohn zu zahlen, musste das Gericht zunächst ermitteln, ob der Antragsteller der rechtliche Vater des Kindes ist. Nach Art. 19 I 1, 2 EGBGB kamen sowohl das deutsche als auch das türkische Recht in Frage. Nach türkischem Recht (Art. 285 ZGB) gilt der (frühere) Ehemann als Vater, wenn ein Kind vor Ablauf von 300 Tagen nach Ende der Ehe geboren wird. Die Geburt des Kindes fiel in diesen Zeitraum. Mithin war nach dem türkischen Recht der Antragsteller rechtlicher Vater des Kindes. Das deutsche Recht führte nicht zur Zuweisung eines Vaters, da eine Vaterschaftsanerkennung weder stattgefunden hatte noch unmittelbar bevor stand.

Unbestritten war im vorliegenden Fall, dass der Antragsteller nicht der biologische Vater des Kindes war. Das Gericht berücksichtigte diese Tatsache, kam jedoch zu dem Schluss, dass es dem Kind in Anbetracht der ansonsten bestehenden Vaterlosigkeit günstiger ist, überhaupt einen Vater zugewiesen zu bekommen, auch wenn dessen biologische Vaterschaft unwahrscheinlich oder sogar erwiesenermaßen nicht gegeben ist.

Außerdem berief sich der Antragsteller darauf, dass die rechtliche Fiktion des Art. 285 ZGB das Grundrecht auf Familie verletze. Insbesondere besteht nach türkischem Recht nur eine Frist zur Einreichung der Vaterschaftsanfechtungsklage von einem Jahr ab Geburt und Kenntnis. Das OLG hat indessen in einer im Verhältnis zum deutschen Recht um die Hälfte verkürzten Anfechtungsfrist noch keinen Verstoß gegen Grundrechte gesehen. Auch das deutsche Recht kenne schließlich Vaterschaftsfiktionen.

D.Synthese der Entscheidungen

Das OLG Nürnberg und das KG Berlin entscheiden sich nach einer Abwägung der Umstände für das Prioritätsprinzip. Zu den Kriterien, welche bei der Günstigkeitsabwägung zu berücksichtigen sind, wenn man sich nicht für das Prioritätsprinzip entscheidet, sondern dafür, den „wahrscheinlicheren“ Vater zu ermitteln, äußern sich die Entscheidung daher nicht. Anders jedoch das OLG Karlsruhe in der oben angesprochenen Entscheidung vom 02.02.2015 (Az. 11 Wx 65/14), in der es ausdrücklich feststellt, dass sich die Beurteilung des Kindeswohls nicht allein durch die möglichst rasche Zuweisung eines Vaters erschöpft. In dem hier besprochenen Fall vor dem OLG Karlsruhe führte nur eine der möglichen Rechtsordnungen zu einer Vaterschaft, sodass das Prioritätsprinzip hier von vornherein nicht zur Anwendung kommen konnte und das Gericht sich vielmehr mit der Frage zu beschäftigen hatte, ob es dem Kindeswohl besser entspricht, vaterlos zu sein oder einen rechtlichen Vater zu haben, der nachgewiesenermaßen nicht auch biologischer Vater ist.

Hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts stellen sowohl das OLG Nürnberg als auch das KG Berlin auf die Geburt selbst ab. Beide scheinen auch davon auszugehen, dass eine nach einer ausländischen Rechtsordnung bestehende Vaterschaft schon im Ausgangspunkt bei der Möglichkeit der Anerkennung im deutschen Recht zu berücksichtigen ist, § 1594 II BGB, sodass eine gewisse Verschränkung der Alternativen gegeben ist. Auch insoweit anders die bereits angesprochene Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 02.02.2015, welches auf die Eintragung im Geburtenregister abstellt und zudem die verschiedenen Anknüpfungsalternativen isoliert voneinander betrachtet.

Insgesamt zeigt sich, dass die Praxis in einigen bedeutsamen, die genaue Anwendung von Art. 19 I EGBGB betreffenden, Punkten nicht einheitlich verfährt. Einigkeit besteht wohl darüber, dass die Sätze des Art. 19 I EGBGB alternativ und nicht etwa subsidiär zu verstehen sind und dass der renvoi grundsätzlich ausgeschlossen sein soll. Auch kann festgestellt werden, dass jedenfalls bisher vorherrschend das Prioritätsprinzip von den Gerichten angewendet wird. Trotzdem setzen sich das OLG Nürnberg, das KG Berlin und das OLG Karlsruhe in ihren Entscheidungen detailliert auch mit anderen Ansichten, insbesondere der Auffassung, dem Kindeswohl entspreche es am besten, den wahrscheinlichsten Vater zu ermitteln, auseinander. Eine klare Linie fehlt insbesondere bei der Frage nach dem für die Ermittlung des Kindeswohls relevanten Zeitpunkt und den dabei zu berücksichtigenden Kriterien.

E.Bewertung und Regelungsbedarf

Zu ermitteln, was für ein Kind im Einzelfall unter den konkret gegebenen Umständen am günstigsten ist, kann äußerst komplex sein. Insbesondere kann man zukünftige Entwicklungen, die möglicherweise eine andere Bewertung erfordern würden, nicht voraussehen. Insofern ist es leicht nachzuvollziehen, weshalb sich die (wohl herrschende) Praxis für die Anwendung des Prioritätsprinzips entschieden hat.

Argumentiert man jedoch schon mit dem Kindeswohl, erscheint das bloße Abstellen auf Rechtssicherheit sowie erb- und unterhaltsrechtliche Ansprüche zu kurz gegriffen. Sicherheitsüberlegungen und wirtschaftliche Aspekte können dann nur zwei von vielen Punkten sein, die für das Wohl des Kindes eine Rolle spielen. Auch die Zuweisung des biologischen Vaters führt nicht logisch zwingend zur optimalen Berücksichtigung des Kindeswohls. Beispielsweise kann zwischen Kind und biologischem Vater keinerlei soziale Beziehung bestehen oder der Vater an einer Beziehung zu seinem Kind kein Interesse haben. Bei der Bestimmung der Abstammung handelt es sich insbesondere für das Kind, aber selbstverständlich auch für die Eltern, um eine so wichtige, das gesamte Leben potentiell in weitreichendstem Maße beeinflussende Entscheidung, dass im Prinzip jeder Umstand, der auch nur irgendwie auf das Wohl des Kindes Einfluss nehmen könnte, berücksichtigt werden muss.

Ein solcher Umstand ist neben den bereits genannten Kriterien z.B. auch die Frage, mit wem das Kind aktuell und aller Voraussicht nach auch in der Zukunft zusammen leben wird, zu welchem Mann eine sozial-familiäre Beziehung besteht (vgl. Rechtsgedanke des § 1600 II, III, IV BGB), ob eine Anerkennungserklärung abgegeben wurde, ob ein Vaterschaftstest vorliegt und wie lange das Kind gegebenenfalls vaterlos wäre. Die Mutter und die Männer, deren Vaterschaft möglicherweise besteht bzw. nicht besteht, sollten zu der Sache gehört und ihr Vorbringen berücksichtigt werden.

Aus der Orientierung am Wohl des Kindes ergibt sich auch, dass nicht auf den Zeitpunkt der Geburt abgestellt werden kann, sondern auf eben jenen Zeitpunkt, in dem Komplikationen oder Streitigkeiten im Hinblick auf die Abstammung entstehen. Dies kann vor dem Standesamt im Rahmen der Eintragung in das Geburtenregister sein oder auch vor Gericht. Dem Kindeswohl ist am besten damit gedient, dass alle in diesem Zeitpunkt bekannten Umstände mit in die Abwägung miteinbezogen werden und der Kenntnisstand nicht künstlich auf einen bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit verengt wird. Auch sollten die Alternativen des Art. 19 I EGBGB getrennt und nicht verschränkt betrachtet werden, da sonst die Zuweisung eines Vaters durch einzelne Rechtsordnungen möglicherweise von vornherein ausgeschlossen ist. Damit vermindern sich die Möglichkeiten, dem Kind den Vater zuzuweisen, der nach einer Abwägung der sozialen, wirtschaftlichen und biologischen Faktoren für das Kind im konkreten Fall am „günstigsten“ ist.

Dass viele dieser Faktoren in der Praxis schwer beweis- bzw. ermittelbar sein werden, ist nicht von der Hand zu weisen. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass vor der Ermittlung dessen, was für das betroffene Kind am günstigsten ist, von vornherein kapituliert wird. Zudem können mit Einkommensbescheiden, Vaterschaftstesten, öffentlich beglaubigten Versicherungen bzw. Zustimmungen, Meldenachweisen etc. zumindest einige mehr oder weniger aussagekräftige Dokumente eingeholt werden, die jedenfalls eine etwas detailliertere Ermittlung dessen ermöglichen, was für das Wohl des Kindes am besten ist. Auch dass dies in der Praxis zu einem nicht nur geringen Mehraufwand führen würde, kann wohl nicht bestritten werden. Kann dadurch jedoch gewährleistet werden, dass das Kindeswohl bestmöglich gefördert wird, dann ist dieser Aufwand nicht nur gerechtfertigt, sondern sogar zwingend erforderlich.

Im Angesicht praktischer Schwierigkeiten könnte ansonsten auch erwogen werden, schlichtweg grundsätzlich auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes abzustellen (vgl. Art. 19 I 1 EGBGB). Dann bedürfte Art. 19 I EGBGB aber einer grundlegenden Reformierung. Gerade in einem Bereich, der die persönlichen Lebensverhältnisse so stark betrifft, ist es essentiell, dass das IPR eine klare und eindeutige Regelung vorsieht. Art. 19 I EGBGB kann diesen Anforderungen in seiner aktuellen Fassung nur schwerlich nachkommen. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass sich die Problematik, entgegen des Eindrucks, den dieser Beitrag zunächst vermitteln mag, nicht nur auf die Feststellung der Vaterschaft bezieht, sondern es in Zeiten von Leihmutterschaft und künstlicher Befruchtung vermehrt auch zu Streitigkeiten im Hinblick auf die Mutterschaft kommt. Das gibt Grund zu der Annahme, dass sich die Probleme im Zusammenhang mit Art. 19 I EGBGB in Zukunft eher vermehren als verringern werden.


Lisa Thalmeir ist Studierende der Ludwig-Maximilians-Universität München im SPB 7 und studentische Hilfskraft am Institut für Internationales Recht – Rechtsvergleichung (Lehrstuhl Professor Lorenz).

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