BVerfG: Beschränkung der Anfechtungsmöglichkeiten für leibliche Väter verfassungsgemäß


Rechtsprechung KopieDas BVerfG hat am heutigen Freitag einen Beschluss veröffentlicht, mit dem eine Verfassungsbeschwerde (1 BvR 1154/10) nicht zur Entscheidung angenommen wurde.  In der Beschwerde ging es um die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 1600 II BGB . Die Beschwerdeführer hatten vorgebracht, § 1600 II BGB verstoße gegen die Bestimmungen des Grundgesetzes, da er die Möglichkeiten von biologischen Vätern, die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anzufechten, unzulässig beschränke. Das BVerfG sah die Voraussetzungen für die Annahme der Verfassungsbeschwerde (§ 93a II BVerfGG) als nicht gegeben an, da die Beschwerde keine klärungsbedürftige verfassungsrechtliche Frage von grundsätzlicher Bedeutung betreffe.

Sachverhalt

Der Beschluss betrifft folgenden Sachverhalt: Der Beschwerdeführer behauptet biologischer Vater eines Mädchens zu sein, das in die Ehe der Kindesmutter mit einem anderen Mann geboren wurde. Die außereheliche Beziehung der Mutter zum Beschwerdeführer endete, als das Kind vier Monate alt war. Seit dem elften Lebensmonat lebt das Kind gemeinsam mit der Mutter und deren Ehemann zusammen. Eine sozial-familiäre Beziehung zwischen dem Ehemann der Mutter und dem Kind besteht. Der Ehemann der Mutter ist gem. § 1592 Nr. 1 BGB rechtlicher Vater des Kindes, da er zur Zeit der Geburt mit der Mutter verheiratet war. Diese Vaterschaft hat der Beschwerdeführer angefochten, er blieb aber wegen § 1600 II BGB in dem Instanzenrechtszug erfolglos.

Gem. § 1600 II BGB kann der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben die Vaterschaft nur dann anfechten, wenn zwischen dem Kind und seinem rechtlichen Vater keine sozial-familiäre Beziehung besteht.

Gegen die ablehnenden Urteile hat der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Gründe

Das BVerfG hat die Beschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie keine klärungsbedürftige Frage des Verfassungsrechts betrifft. Das Gericht verweist auf seine Entscheidung in BVerfGE 108, 82 = FPR 2003, 471. Dort hatte das BVerfG bereits entschieden, dass § 1600 II BGB mit Art. 6 I, II GG vereinbar ist.

Art. 6 II 1 GG (Elterngrundrecht) schützt hiernach zwar den leiblichen, aber nicht rechtlichen Vater in seinem Interesse, die rechtliche Stellung als Vater einzunehmen, was den Gesetzgeber dazu verpflichtet, ihm die verfahrensmäßige Möglichkeit zu eröffnen, die rechtliche Vaterposition zu erlangen. Dieser Schutz ist allerdings begrenzt durch die ebenfalls grundrechtlich geschützte Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater. Ebendiese Abwägung spiegelt § 1600 II BGB wider, indem er die Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft durch den biologischen Vater nur dann zulässt, wenn eine sozial-familiäre Beziehung zwischen rechtlichem Vater und Kind nicht besteht. In BVerfGE 108, 82 heißt es hierzu:

„Art. 6 II 1 GG ist nicht zu entnehmen, dass sich die leibliche stets gegenüber der rechtlichen Elternschaft durchsetzen muss. Die Grundrechtsnorm gewährt kein Recht des leiblichen Vaters, in jedem Fall vorrangig vor dem rechtlichen Vater die Vaterstellung eingeräumt zu erhalten und diesen damit aus seiner Vaterposition zu verdrängen.

Art. 6 II 1 GG geht zwar von einer auf Zeugung begründeten leiblichen Elternschaft aus, nimmt aber über diese Zuordnung hinausgehend die Eltern-Kind-Beziehung als umfassendes Verantwortungsverhältnis von Eltern gegenüber ihren der Pflege und Erziehung bedürftigen Kindern unter seinen Schutz. Voraussetzung dafür, entsprechend dem Elternrecht Verantwortung für das Kind tragen zu können, ist insofern auch die soziale und personale Verbundenheit zwischen Eltern und Kind“.

Dass der Beschwerdeführer bereits einmal eine sozial-familiäre Beziehung zu dem Kind aufgebaut habe, stehe dem nicht entgegen. Hieraus folge ein Umgangsrecht des biologischen Vaters mit dem Kind nach Art. 6 I GG, sofern dies dem Kindeswohl dienlich sei.

Bewertung

Das BVerfG führt konsequent seine bisherige Rechtsprechungslinie fort. Es ist durchaus zu befürworten, dass sowohl die Rechte des biologischen Vaters verfassungsrechtliche Beachtung finden, als auch die sozial-familiäre Verantwortungsgemeinschaft, d.h. insbesondere die Beziehung des rechtlichen Vaters zu seinem Kind, verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Die Interessen aller Beteiligten sind in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Der Gesetzgeber zieht hier sicherlich richtig die Trennlinie dort, wo mit einer Anfechtung in eine intakte Familie eingegriffen würde.

Abweichend bewerten das Urteil die Autoren des Kuckucksvaterblog (http://kuckucksvater.wordpress.com/2013/12/20/leibliche-vater-bleiben-weiter-ohne-rechte-bundesverfassungsgericht/).

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