Rechtsprechungs-Update im September 2018


In den vergangenen Monaten sind einige Entscheidungen ergangen, die in diesem Blog aus den unterschiedlichsten Gründen nicht eingehend besprochen worden sind.

Nachstehend findet sich eine Liste mit (abstammungsrechtlichen) Entscheidungen, deren Lektüre aber durchaus empfehlenswert ist.

1. EGMR

  • EGMR, Urt. v. 7.6.2018, No. 16314/13 (Novotný vs. Tschechische Republik): In dieser Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass es mit dem Schutz des Privatlebens in Art. 8 EMRK unvereinbar ist, wenn einem rechtlichen Vater, dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist, ein Restitutionsverfahren bei Vorliegen neuer Beweise versagt wird. Im konkreten Fall hatte ein aufgrund eines erbbiologischen Gutachtens gerichtlich als Vater festgestellter Mann nach Jahren mit seiner vermeintlichen Tochter einen einvernehmlichen DNA Test vollzogen, der seine genetische Vaterschaft mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschloss. Das tschechische Abstammungsrecht kennt kein Restitutionsverfahren bei gerichtlich festgestellter Vaterschaft.
  • EGMR, Urt. v. 5.4.2018, No. 15074/08 (Doktorov vs. Bulgarien): In dieser Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass es mit Art. 8 EMRK unvereinbar ist, wenn einem rechtlichen Vater die Vaterschaftsanfechtung aufgrund einer kenntnisunabhängigen, einjährigen Anfechtungsfrist versagt wird, die mit Geburt des Kindes bzw. der Kenntnis hiervon zu laufen beginnt. Das bulgarische Recht sah eine entsprechende Regelung vor. Im konkreten Fall wurde einem Vater, dessen rechtliche Vaterschaft aufgrund der Ehe mit der Mutter bestand, die Anfechtung seiner rechtlichen Vaterschaft verwehrt, obwohl er aufgrund fehlender Kenntnis von Umständen die gegen seine genetische Vaterschaft sprachen, eine Anfechtung im Rahmen der Anfechtungsfrist nicht in Betracht ziehen konnte. Ein Antrag auf Verweis an die Große Kammer ist derzeit noch anhängig.
  • EGMR, Urt. v. 26.7.2018, No. 16112/15 (Fröhlich vs. Deutschland): In dieser Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass es nicht gegen Art. 8 EMRK verstößt, wenn einem potenziell genetischen Vater, der ein ernsthaftes Interesse an seinem Kind gezeigt hat, Umgangs und Informationsrechte nach § 1686a BGB verweigert werden, wenn dies nach eingehender Sachlage im Einzelfall dem Kindeswohl widersprechen würde. § 1686a BGB gewährt dem genetischen, nicht rechtlichen Vater, der ein ernsthaftes Interesse an seinem Kind gezeigt hat, ein Umgangsrecht, wenn dieser Umgang dem Kindeswohl dient sowie ein Recht auf Informationen über das Kind, wenn wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht.

2. BGH

3. Bundesverwaltungsgericht

  • OLG Dresden, Beschl. v. 27.4.2018, 3 W 292/18: § 1592 Nr. 1 BGB, der dem Kind den Ehemann der Mutter als rechtlichen Vater zuordnet, ist nicht analog auf die gleichgeschlechtliche Ehegattin der Mutter anwendbar. Bei gleichgeschlechtlichen weiblichen Ehegatten ist somit keine automatische Zuordnung des weiteren Elternteils aufgrund bestehender Ehe möglich.
  • OLG München, Beschl. v. 12.2.2018, 33 UF 1152/17: Bei der Adoption eines von einer Leihmutter ausgetragenen Kindes durch den gleichgeschlechtlichen Ehegatten des rechtlichen Vaters des Kindes kommt es nicht darauf an, ob die Annahme iSd § 1741 I 2 BGB zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Damit gelten nach Ansicht des Gerichts auch bei der Adoption im Rahmen einer Leihmutterschaft keine strengeren Anforderungen an die Kindeswohlprüfung.
  • OLG München, Beschluss vom 03.03.2017, 30 UF 1413/16: Macht eine Frau von der Möglichkeit des SchwKonfliktG Gebrauch, ein Kind im Wege der vertraulichen Geburt zur Welt zu bringen, steht dem mutmaßlichen genetischen Vater kein Anspruch gegen die Mutter auf Auskunft über die Identität des Kindes zu. Auch aus § 242 BGB lässt sich ein solcher nicht ableiten.
  • OLG Hamm, Urt. v. 19.02.2018, 3 U 66/16: Das OLG Hamm bejaht in einem Fall, der die Arzthaftung für eine fehlerhafte Insemination mit den Samenzellen eines anderen als des geplanten Spenders betraf, einen Schmerzensgeldanspruch der behandelten Frau.
  • OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.2.2018, II-6 UF 175/17: Die aufgrund ausländischen Rechts getroffene gerichtliche Feststellung der rechtlichen Elternschaft der Wunscheltern widerspricht den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts jedenfalls nicht in einem solchen Maße, dass eine Anerkennung der entsprechenden Entscheidung als im Ergebnis untragbar anzusehen wäre. Weder die Grundrechte bzw. Menschenrechte der Leihmutter noch die des Kindes verbieten eine solche Anerkennung. Vielmehr spricht das Kindeswohl eher für als gegen eine Anerkennung.

4. Oberverwaltungsgerichte

  • OVG Hamburg, Beschl. v. 20.3.2018, 1 Bs 25/18: Ein genetischer, nicht rechtlicher Vater ist im aufenthaltsrechtlichen Sinne nicht als Elternteil eines Kindes anzusehen. Er kann allerdings als sonstiger Familienangehöriger ein Aufenthaltsrecht erlangen.

5. Landgerichte

  • LG München I, Urt. v. 02.5.2018, 9 O 7697/17: Kein Freistellungsanspruchs des Mannes gegen den behandelnden Fruchtbarkeitsmediziner auf Freistellung von der Unterhaltsverpflichtung bei fehlender Darlegung des Widerrufs der Einwilligung zur Befruchtung.

6. Amtsgerichte

  • AG Berlin-Schöneberg, Beschl. v. 22.2.2018, 87 F 245/17: Ein Kind hat gegen seinen Vater einen Anspruch auf Benennung der Identität seiner Mutter gem.
    § 168a BGB

7. Ausländische Gerichte

  • Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 18.12.2017, 5A 332/2017: Der Ehemann der Mutter ist von Gesetzes wegen rechtlicher Vater des Kindes. Der genetische, nicht rechtliche Vater des Kindes ist weder zur Anfechtung der Vaterschaft des Ehemannes noch bei Bestehen einer anderweitigen rechtlichen Vaterschaft zur eigenen Anerkennungserklärung befugt. Aus der betreffenden Gesetzeslage resultiert keine Persönlichkeitsverletzung, ebenso wenig aus der unterlassenen Anfechtung der Vaterschaft durch den Ehemann.
  • Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 12.10.2017, 5A_590/2016: Zur Aktivlegitimation zur Anfechtung einer Kindesanerkennung sowie zu den
    Voraussetzungen, unter denen die Heimat- und die Wohnsitzgemeinde des Anerkennenden oder die kantonale Aufsichtsbehörde im Zivilstandswesen auf Anfechtung einer Kindesanerkennung klagen dürfen.

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