„Mehr Familie braucht das Land“ – Prantls Appell für eine politische Revolution


Foto-ReussIn der Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 1./2. März 2014 findet sich ein lesenswerter Artikel von Heribert Prantl mit dem Thema „Wir sind Familie“.Prantl bespricht darin die derzeit vorherrschende Diskrepanz zwischen dem in Deutschland real gelebten Familienbild und dem deutschen Familienrecht, das, wie in diesem Blog bereits mehrfach besprochen, immer noch den gelebten Realitäten hinterher hinkt. Der Artikel ist kein schlichtes Plädoyer, er ist ein Appell an die Politik, von ihrer gestaltenden Kraft Gebrauch zu machen.

Ganz deutlich wird das Hinterherhinken des Rechts bei dem für das Abstammungsrecht relevanten Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Hat die kinderpsychologische Forschung bereits längst festgestellt, dass die sexuelle Orientierung von Eltern auf das Kindeswohl keine Auswirkungen hat (http://wp.me/p3xZoF-2s), bestehen immernoch rechtliche Hindernisse für gleichgeschlechtliche Paare auf dem Adoptionswege die Verantwortung für ein Kind zu übernehmen. Das Bundesverfassungsgericht hatte zu Beginn des Jahres 2013 jüngst das Verbot der Sukzessivadoption (Annahme eines angenommenen Kindes durch einen Lebenspartner) durch gleichgeschlechtliche Lebenspartner für verfassungswidrig erklärt. Da das Verbot für Ehepaare nicht gilt, lag eine gleichheitswidrige Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner vor. Auch das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption durch gleichgeschlechtliche Lebenspartner (§ 1741 II 1 BGB i.V.m. § 9 VI, VII LPartG) sieht sich denselben Argumenten ausgesetzt. Es ist deshalb von der neu gewählten Regierung gefordert worden, auch das Verbot der gemeinschaftlichen Adoption aus eigenem Antrieb aus dem Gesetz zu streichen. Die Koalition begnügt sich allerdings mit der scheibchenweisen Korrektur der gesetzlichen Regelungen und will lediglich das Verbot der Sukzessivadoption streichen (vgl. der Bericht in diesem Blog). Heribert Prantl bemängelt dies in seinem Artikel zu Recht, denn wer, wie die Koalition, die Familie zum „Taktgeber des Lebens“ machen möchte, der darf sich bei der Familienpolitik nicht darauf beschränken, die „Außenstelle“ des Familienministeriums in Karlsruhe punktuell über bedeutende Fragen des Familienrechts entscheiden zu lassen. Eine Familienpolitik, die aktiv Triebfeder der gesellschaftlichen Entwicklung sein möchte, muss mutig von Berlin aus agieren. Dazu bedarf es, wie Heribert Prantl es treffend ausdrückt, einer „politische[n] Revolution“. Denn die vergangenen Jahre deutscher Familienpolitik waren geprägt von lethargischer Zurückhaltung und Verteidigung des Althergebrachten, der alten Rollenbilder. Ein modernes Recht muss jedoch auch gewandelte gesellschaftliche Werte abbilden. Es wird Zeit, dass die Politik ihre Gestaltungskraft wahrnimmt und ihrer Gestaltungsaufgabe, die ihr der Bürger erteilt hat, gerecht wird.

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