Das AG Friedberg hat bereits am 1.3.2013 entschieden, dass die Feststellung der rechtlichen Elternschaft bei Leihmutterschaft aus Gründen des Kindeswohls anzuerkennen ist, wenn das Kind bei Nichtanerkennung faktisch elternlos würde.
Sachverhalt
In dem Fall ging es um zwei heterosexuelle Partner deutscher Staatsangehörigkeit, die mit einer verheirateten Leihmutter in der Ukraine einen Leihmutterschaftsvertrag abgeschlossen hatten. Durch extrakorporale Befruchtung unter Nutzung einer Eizelle und von Sperma der deutschen Wunscheltern wurde das Kind gezeugt und von der Leihmutter ausgetragen. Mit Rechtsspruch vom 25.4.2012 stellte das ukrainische Gericht fest, dass die deutschen Wunscheltern auch fortan die rechtliche Elternschaft des Kindes innehaben sollten. Die Wunscheltern begehrten vor dem AG Friedberg die Anerkennung dieses Urteils.
Entscheidung
Das AG Friedberg stellt zwar fest, dass die h.M. in Deutschland die Anerkennung von Urteilen, die eine Elternzuordnung aufgrund von Leihmutterschaftsverträgen vornehmen, grds. als „ordre public“-widrig verneine (zu dieser Rechtsprechung ist in diesem Blog bereits eingehend berichtet worden). Das Gericht hat aber den Mut, nicht bei der Feststellung der „ordre public“-Widrigkeit stehen zu bleiben. Führe , so das AG Friedberg, die Nichtanerkennung eines Urteils dazu, dass dem Kind faktisch keine Eltern zugeordnet seien, sei dies ebenfalls ein von der deutschen Rechtsordnung nicht anzustrebendes Ergebnis. In solchen Fällen überwiege dann das Wohl des Kindes, das auf sorgende Eltern angewiesen sei, die Entscheidung des Gesetzgebers Leihmutterschaften generell zu unterbinden. Im entschiedenen Fall bestand aus Sicht des erkennenden Gerichts ebendiese Gefahr: Aus Perspektive des ukrainischen Rechts sind die deutschen Wunscheltern als rechtliche Eltern anzusehen. Aus deutscher Perspektive wären hingegen bei Nichtanerkennung des ukrainischen Urteils die ukrainischen Eltern auch als die rechtlichen Eltern anzusehen gewesen, obwohl diese de facto keine Sorge für das Kind übernehmen wollten. Aus diesem Grunde hat das AG Friedberg das ukrainische Urteil letztlich anerkannt.
Bewertung
Das Urteil ist zu begrüßen, da es das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt. Auch, wenn die h.M. pauschal von der „ordre public“-Widrigkeit von Leihmutterschaftsverträgen ausgeht, kann es zu Fallgestaltungen kommen, in denen ein Kind möglicherweise rechtlich oder faktisch elternlos wird. Solche Situationen sind zu verhindern. Es ist daher zu begrüßen, dass das AG Friedberg diesen rechtlich mutigen Schritt gegangen ist und dem Kindeswohl in diesem Fall den Vorrang gewährt hat.
Einen anderen Weg zu demselben Ergebnis zu kommen, hätte es auch gegeben. Dieser wäre allerdings nicht ganz ohne Umstände und zeitliche Verzögerung zu bewerkstelligen gewesen. Der Ehemann der Leihmutter hatte nämlich ebenfalls vor dem AG Friedberg seine eigene Vaterschaft angefochten, worüber dieses aber noch nicht abschließend befunden hatte. Da das Kind genetisch nicht von dem Ehemann der Leihmutter abstammt, wäre die Anfechtung auch erfolgreich gewesen. Der deutsche Wunschvater hätte dann die Vaterschaft für das Kind anerkennen, bzw. auf die gerichtliche Feststellung seiner Vaterschaft hinwirken können. Auch dies wäre aller Voraussicht nach erfolgreich gewesen, da der deutsche Wunschvater biologischer Vater des Kindes ist. Die Zuordnung der deutschen Wunschmutter hätte dann in einem weiteren Schritt über eine Adoption erfolgen können. Diese Schritte kosten freilich Zeit. Diese Zeit kann aber sehr lang sein, wenn sich, wie im konkreten Fall, das Kind in der Ukraine befindet und dort von den deutschen Wunscheltern betreut werden muss, da die Leihmutter und deren Ehemann die Personensorge nicht übernehmen möchten. Der Weg des AG Friedberg ist daher vorzugswürdig und dem Kindeswohl förderlicher.